Aliens: Colonial Marines
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19.02.2013 von GloansBunnyIm Weltall hört dich im Normalfall niemand schreien. Doch Sega und Gearbox wollen mit dem Horror-Shooter Aliens: Colonial Marines diese These mit panischem Spielergekreische widerlegen. Beklemmend wie ein Facehugger oder friedvolle E.T.-Atmosphäre? Die Sofahelden gehen schwer bewaffnet an Bord der U.S.S. Sulaco ...
Als 1979 der Film Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt in die Kinos kam, ebnete sich Regisseur Ridley Scott seinen Weg in den Horror-Olymp. Die Fortsetzungen Aliens - Die Rückkehr (1986), Alien 3 (1992) und Alien - Die Wiedergeburt (1997) sorgten mit faszinierenden Spezialeffekten für viele Schockmomente. Hauptdarstellerin Sigourney Weaver wurde zum ersten weiblichen Action-Star und die grausigen Aliens zu Kultfiguren. Als sich dann 2004 noch die Predators zum Alien-Universum gesellten, formierte sich in den Köpfen gewiefter Spieledesigner langsam, aber sicher ein ganz konkreter Gedanke: ein Alien-Videospiel, das das Horrorfeeling der Filme einfangen und spiel- und spürbar machen sollte. Nach mehr als sechs Jahren Entwicklungszeit darf die Zockergemeinde nun endlich selbst Hand an das nicht indizierte Werk von Gearbox legen. Aliens: Colonial Marines, Gefechtsbereitschaft herstellen!
Steuerung und Sound: Quer Beet durch das Universum mit einem sabbernden Klotz am Bein... Das Controllerlayout ist übliche Shooterkost. Via Analogsticks schickt man seinen Marine von A nach B und justiert das Fadenkreuz. Die Aktionstasten beherbergen typische Manöver wie springen, nachladen, ducken und Wechsel der Bewaffnung. Letztere wird per Schultertasten in diversen Modi abgefeuert. Einen Blick auf den Bewegungsmelder und Zugriff auf das nützliche Inventar-Ringmenü erhält man ebenfalls durch den Einsatz von Zeige- und Mittelfinger. Via Digikreuz können Gegenstände wie Taschenlampe oder Spezialutensilien ausgerüstet werden. Die stufenlos einstellbare Blickempfindlichkeit sowie mehrere wählbare Controllerbelegungen sind sowohl für grobmotorische als auch sensible Spielerhände geeignet. Die etwas träge Steuerung reagiert recht zuverlässig auf die Eingaben und ist schneller verinnerlicht als der unerwünschte Zungenkuss eines Facehugger.
Fans der Alien-Filmreihe werden beim Thema Soundtrack wohl am liebsten die Boxen des heimischen Surroundsystems umarmen wollen. Die düster-orchestralen Stücke orientieren sich stark an den Kinostreifen und erzeugen eine unheimliche, drückende Atmosphäre. Auch die cineastischen Umgebungsgeräusche gehen unter die Haut. Wenn die Stiefel des Alter Ego schmatzend durch den knarrenden Schiffsbauch hetzen, während das grausige Stöhnen von in tropfenden Alienstrukturen gefangenen Crewmitgliedern an das Spielerohr dringt, denkt man nur: "Wow!" Das hektische Gepiepse des Motion-Trackers, die trippelnd-kratzenden Geräusche der aus allen Ecken heranströmenden Aliens, das Dröhnen der gewaltigen Antriebskerne... Die Soundkulisse wäre so grandios - wenn da nicht die emotionslosen und laienhaften deutschen Synchronsprecher wären. Neben fehlerhaften Übersetzungen und Dialogen in Hartz-IV-TV-Qualität trüben dumpfe, kraftlose Waffenvertonungen und schlecht austarierte Gegnereffekte das akustische Gesamtbild. Jede Fernsehwerbung hat mehr verbale Überzeugungskraft! Eindeutschungen wie "Weidmannsheil!" oder "Er hat sich entfernt!" (statt "Er ist tot!") wirken einfach nur deplatziert und unfreiwillig komisch. Die englische Sprachausgabe versetzt zwar auch keine Bäume, klingt aber deutlich mehr nach Alien als nach Ariel.
Grafik und Story: Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist ein Screenshot... Die zahlreichen Bilder und Trailer von Aliens: Colonial Marines, die es schon lange vor Release in Internet und Printmedien zu bewundern gab, sehen bis heute grandios aus. Gestochen scharfe Texturen, dynamische Bewegungen, realistische Animationen, tolle Lichteffekte... Das beliebte Alien-Setting schien so greifbar nah, so perfekt... Doch nach kurzer Zeit mit der "echten" Version von Aliens: Colonial Marines die Ernüchterung: Die Texturen sind matschig und niedrig aufgelöst, laden stellenweise extrem lange nach oder werden von Grafikfehlern in mehrere Segmente zerlegt. In der Luft schwebende Alien-Körperteile, Klon-NPCs und Ausrüstungsgegenstände verunstalten die mit tollen Anspielungen auf die Filmreihe gespickten Levelabschnitte und werden nur von nervigem Zeilenversatz noch übertrumpft. Schade, dass Gearbox hier nicht den virtuellen Rotstift angesetzt hat, denn die Licht- und Schatteneffekte sowie die originalgetreue Kulissengestaltung zeigen, dass in Aliens: Colonial Marines eigentlich viel mehr optisches Potenzial steckt.
Ein Trostpflaster für die geschundenen Spieleraugen gibt es aber dann doch noch zu entdecken. Die düstere Atmosphäre und die detailverliebte Umsetzung von Aussehen und Animationen der Xenomorphs, Facehugger und Chestburster sind gelungen und gerade für Fans ein wohl bekannter Wegbegleiter auf dem von Säure zerfressenen Pfad der schwarzen Sabberbrut. Im Gegensatz zum hölzernen, lieblosen Mimikspiel der menschlichen Mitstreiter fallen die Extraterrestler wirklich positiv auf.
Die U.S.S. Sulaco, ihres Zeichens hochtechnisierter Weltraumkreuzer auf Erkundungsmission, schwebt steuerlos in den Sphären des Calpamos-Mondes LV-426, oberhalb der verwüsteten Terraforming-Kolonie Hadley's Hope. Der letzte Kontakt zur Schiffsbesatzung liegt Wochen zurück. Corporal Christopher Winter und sein kleiner Trupp von Colonial Marines erhalten den Auftrag, das Schicksal des Raumschiffs zu ergründen und die in einem Videonotruf erwähnten vier Überlebenden zu retten. Doch an Bord der Sulaco herrscht das blanke Chaos. Schwarze, organische Gebilde überwuchern die stählerne Schiffskonstruktion, unzählige schrecklich entstellte Leichen säumen die verlassenen Gangways, kein Lebenszeichen weit und breit. Der Kreuzer des Weyland-Yutani-Konzerns scheint verloren.
Als der Motion-Tracker mit einer schrillen Tonfolge aber plötzlich Bewegungen vor Winter signalisiert, schöpft der Corporal wieder Hoffnung. Schritt um Schritt arbeitet er sich tiefer in die Dunkelheit vor, das Gewehr im Anschlag und das Piepsen des Sensors im Ohr. An der Wand vor ihm entdeckt Winter seinen hilflosen Kameraden Keyes, bewegungsunfähig verwebt in schwarz-glänzende, fremdartige Gewebeschichten. Die einzige Möglichkeit, den Soldaten zu befreien, ist, der Dunkelheit den Rücken zu zu kehren und ihn mit dem Schweißbrenner herauszuschneiden. Ein kurzes Zögern, ein tiefer Atemzug, dann setzt Winter das Utensil an. Im Moment größter Schutzlosigkeit schwillt das sonore Pfeifen des Motiontrackers zunehmend an, bis es mit einem unerträglichen Staccato vor höchster Gefahr warnt. Ein Blick in die angsterfüllten Augen Keyes verraten: Die beiden Marines sind nicht allein. Und das, was sich ihnen nähert, ist nicht menschlich und schon gar nicht auf Frieden aus...
Liebhaber der Filmreihe werden sich schnell sicher sein: Die Story knüpft direkt an das Geschehen von Aliens: Die Rückkehr an. Nicht nur die U.S.S. Sulaco und das lunare Örtchen Hadley's Hope, sondern auch zahlreiche Charaktere der Serie wie beispielsweise Synthet Bishop, Corporal Dwayne Hicks oder Private M. Drake haben ihren Auftritt in Aliens: Colonial Marines. Die lineare Geschichte selbst ist relativ vorhersehbar und deshalb spannungsarm, was sie schnell zur Nebensache werden lässt. Schlimmer noch: Viele aufgeworfene Fragen bleiben sogar gänzlich unbeantwortet. Nach rund sechs Stunden Spielzeit flimmert der Abspann über den Bildschirm, ohne auch nur annähernd an das erzählerische Niveau der spannenden Filmstory heranzukommen. Aber mal ehrlich: Bei Shootern ist die Geschichte meist eh nebensächlich - wenngleich auch bei einem Lizenzgame wie diesem deutlich mehr Spielraum vorhanden ist, als bei herkömmlichen 08/15-Ballereien.
Gameplay und Umfang: Schwarze Aliens sind nicht das gelbe vom Ei. Und warum ist der Dotter hier eigentlich grün...? Aliens: Colonial Marines ist ein waschechter First-Person-Shooter. In der Haut des Alter Ego gilt es, die schlauchartigen, düsteren Gänge der U.S.S. Sulaco zu durchforsten und dabei genretypische Missionen zu bewältigen. Den Bordcomputer finden, nach Aufzeichnungen suchen, Überlebende retten, Sicherheitssysteme hochfahren, Ausrüstungsgegenstände sammeln, ein bisschen das Inventar aufleveln, solche Dinge eben. Hauptaufgabe allerdings ist es natürlich, haufenweise Außerirdische zu plätten. Neben den prägnanten Xenomorphs - 2,40 Meter große, mit rasiermesserscharfen Krallen bewaffnete Elitealiens - huschen auch kleine Facehugger und Chestburster am virtuellen Fadenkreuz vorbei. Geheimnisvolle, schwer bewaffnete Söldnertrupps und neue, extra für Aliens: Colonial Marines entworfene Spucker-Xenos geben sich ein munteres Stell-Dich-Ein und sorgen für etwas Abwechslung im alienlastigen Gegneraufkommen. Während die Xenos meist in Gruppen angreifen, agieren die zeckenartigen Facehugger eher einzeln und aus dem Hinterhalt heraus. Wer nicht schnell genug reagiert, bekommt deren Vorliebe für menschliche Gesichtspartien hautnah zu spüren. Filmkenner wissen, welche unbeliebte Verwandlung droht, sollte man das hartnäckige Zungentier nicht rechtzeitig abschütteln können.
Die Levelstrukturen an Bord der U.S.S. Sulaco und im Außenareal der Kolonie Hedley´s Hope sind linear, aber dennoch verwinkelt. Nicht selten verliert man mangels Minimap den Überblick und die eigenen, immer an Winters Seite kämpfenden Kameraden aus den Augen, was den verwirrten Spieler meist direkt in die Fänge der nächstbesten Aliengruppe teibt. Auge in Auge mit den Bestien droht ein schnelles Ableben, was weniger der durchwachsenen Gegner-KI als vielmehr der puren Überzahl der Aliens zu verdanken ist. Einzelne Angehörige dieser Spezies stellen trotz ihrer Agilität und Schnelligkeit keine große Herausforderung dar, da Deckungssuche und taktisches Vorgehen eher die Ausnahme als die Regel ist. Trifft Winter allerdings auf drei, vier oder mehr Xenomorphs zeitgleich, wird es gefährlich. Der Schadenswert der Alien-Attacken ist sehr hoch, der Rüstungswert des Marine niedrig und der Streuwinkel der acht lizensierten Waffen extrem ungewohnt. Folge: Die Xenos vertilgen ungeübte Spieler in Sekunden, verschönern die blutigen Überreste mit etwas Säure-Gesabber und fast ohne Ladezeiten beginnt man beim letzten, oftmals weit von der aktuellen Position entfernten Rücksetzpunkt erneut. Wohl dem, der jetzt ein paar der in den Leveln versteckten Rüstungsteile sammelt und nahe bei seinen KI-Mitstreitern bleibt! Diese sind zwar auch nicht gerade die hellsten Kerzen auf dem Alien-Kuchen, aber zumindest halten sie einem gelegentlich den Rücken frei oder lokalisieren verbal den ein oder anderen Gegner.
Aliens: Colonial Marines setzt auf schnelle und laute Daueraction. Welle um Welle sabbernder, geifernder Außerirdischer rollt aus vorhersehbaren Richtungen auf den Spieler zu. Lüftungsschächte, Treppenabgänge und Hugger-Eier dienen als Spwan-Indikator und machen den ungenauen Motiontracker fast überflüssig. Die Kulissen sind großartig inszeniert, die Sound- und Lichteffekte fast identisch mit dem filmischen Vorbild, was zusammen einfach für die grandiose, typische Alien-Atmosphäre sorgt. Schade nur, dass Gearbox vor lauter Action und Dauerfeuer Schockmomente und Spannung komplett vernachlässigt hat. Beklemmung ja, Horror nein. Die Augenblicke, in denen der Spieler vor Schreck zusammenzuckt, sind äußerst rar und versüßen die kurze Solo-Kampagnenspielzeit nur bedingt. Nach rund sechs Stunden findet die Orgie aus schleimigem Aliengedärm, schwarzen Glitsch-Strukturen und verwüsteten Planetenoberflächen ein unspektakuläres, unbefriedigendes und ernüchterndes Ende in einem anspruchslosen und simplen Finalkampf.
Der enttäuschende Singleplayermodus erhält erst in der Coop-Kampagne (on- und offline mit bis zu drei Mitspielern möglich) neuen Glanz. Das taktische Vorgehen mit einem realen Mitstreiter macht Spass und sorgt für die nötige Würze im montotonen Gameplay. Für richtigen, reinen Langzeitspass sorgen aber erst die hoch frequentierten Online-Versus-Modi. In "Team Deathmatch", "Vernichtung", "Flucht" und "Survivor" treten bis zu 12 Spieler auf diversen Maps gegeneinander an. Ganz klassisch werden je nach Modus Punkte für Kills, Standorteroberungen oder Überlebenszeit verteilt. Das besondere beim kompetitiven Online-Space-Marine ist die Rollenverteilung. Je ein Team übernimmt die Rolle der schwer bewaffneten, aber körperlich unterlegenen Space Marines, während das andere Team in die Haut der Außerirdischen schlüpft. Gerade aus Sicht der wendigen Xenomorphs samt sabbernder Familie macht die Jagd auf das menschliche Fastfood extrem viel Spass. Endlich einmal ganz legal und hemmungslos die schwarzen Krallen plus Doppelkiefer ausfahren und selbst ein Xeno, Spucker oder Facehugger sein - genial! Das Online-Gameplay erinnert stark an das hierzulande indizierte Multiplayer-Schlachtfest Alien vs. Predator und sorgt auch bei Kennern für einen hohen Wiederspielwert - mit dem Unterschied, dass die Steuerung der schleimigen Sabbermäuler in Aliens: Colonial Marines deutlich durchdachter und eingängiger ist als die des Rebellion-Titels. Gut gemacht, Gearbox! Cover & Bilder © SEGA Europe Limited Das Fazit von: GloansBunny
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