Emil und die Detektive
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BEWERTUNG |
06.07.2021 von Dan DeMento
Das Buch von Erich Kästner hat 92 Jahre auf dem Buckel, die erste Verfilmung folgte gleich zwei Jahre später und auch die aktuellste Umsetzung ist schon wieder 20 Jahre alt. Pünktlich zur Blu-ray-Neuauflage haben wir uns angesehen, was die 2001er Fassung von Emil und die Detektive - außer einem sehr jungen Jürgen Vogel - noch zu bieten hat.
Inhalt:
Die Mutter hat die Familie verlassen und ist nach Kanada gezogen, Emil (Tobias Retzlaff) und sein arbeitsloser Vater (Kai Wiesinger) sitzen im ostdeutschen Städtchen Streiglitz herum. Als der endlich doch wieder einen Job findet, baut er prompt einen Unfall und landet nicht nur im Krankenhaus, sondern verliert auch seinen Führerschein, worauf die neue Arbeit direkt wieder gefährdet ist. Da Emil ohnehin vom Vater auf Zwangsurlaub nach Berlin geschickt wird, beschließt er ihm bei einem der dort ansässigen Kriminellen einfach einen neuen Führerschein zu besorgen. Dem ersten Kriminellen begegnet er dann allerdings direkt im Zug, nämlich dem zwielichtigen Max Grundeis (Jürgen Vogel), der ihn direkt um seine "Zukunftskasse", immerhin 1500 Mark, erleichtert. Die Lage scheint zunächst aussichtslos, bis Emil in Berlin Pony Hütchen (Anja Sommavilla) begegnet. Die ist praktischerweise die Anführerin einer riesigen Kinderbande, und unter der "Parole Emil" machen sich Emil und die Detektive auf, dem gemeinen Grundeis das Handwerk zu legen.
Es dürfte wohl kaum ein deutsches Kind geben, dem der Name Erich Kästner nichts sagt. Mit Das fliegende Klassenzimmer, Das doppelte Lottchen, Emil und die Detektive und vielen anderen schuf er zeitlose Kinderbuch-Klassiker, die nahezu alle mehrfach verfilmt wurden. Allein letztgenannter bringt es international seit 1931 auf acht filmische Umsetzungen recht unterschiedlicher Qualität.
Während die erste Verfilmung unter der Regie von Gerhard Lamprecht übereinstimmend als die beste gilt und gerüchteweise sogar Hitchcock inspirierte, stieß die Neuauflage von 2001 auf eher gemischte Resonanz. Das lag vor allem an der Entscheidung von Regisseurin und Drehbuchautorin Franziska Buch, dem Stoff einen modernen Anstrich zu geben. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, fiel bei Emil und die Detektive aber teilweise recht drastisch aus. So verwandelte sich Pony Hütchen von Emils Cousine in die Anführerin einer Kinderbande, "Gustav mit der Hupe", der diesen Job eigentlich innehatte, verlor Hupe und storytechnische Relevanz und wurde zum Pfarrerskind und das Geld - inflationär von 140 auf 1500 Mark erhöht - war plötzlich nicht mehr für die kranke Großmutter, sondern für einen Schwarzmarktdeal gedacht.
Das alles wäre aber gar kein so großes Problem, besonders Anja Sommavilla erfüllt ihre Rolle als Bandenführerin hervorragend, schwerwiegender ist, dass von Emil und die Detektive nur Emil übergeblieben ist. Denn alles was den Roman - und auch die erste Verfilmung - ausmachte, ist in dieser Fassung verschwunden. Hier wird nicht mehr ermittelt, nicht mehr beschattet und keine Hinweise gesucht, und auch der große Kniff, der den dreisten Dieb überführte, wurde ersatzlos gestrichen. Stattdessen laufen ein paar Kinder recht offen einem sehr blassen - in Hautfarbe wie Schauspielkunst - Jürgen Vogel hinterher, treiben ihn in eine Kirche und dann - ist der Film vorbei. Spannung, hobbyermittlerisches Mitfiebern? Fehlanzeige.
Nun könnte man mir als jemandem, der zwar geburtstechnisch dem Jahr 2001 näher ist als dem Jahr 1931, der aber trotzdem mit der "alten" Fassung aufgewachsen ist, eine gewisse Verklärtheit unterstellen, die auch zweifellos zutrifft. Doch genau zu diesem Zweck gibt es meine hauseigene dreiköpfige Kinderjury. Die sind ergebene Fans der Drei Fragezeichen, waren schon vom Filmtitel Emil und die Detektive schwer begeistert und somit eigentlich das ideale Zielpublikum. Doch je mehr der Film fortschritt, desto mehr schwand das Interesse, bis zum Abspann das einstimmige Urteil "langweilig" gefällt wurde.
So bleibt abschließend leider nur zu sagen, dass diese Version von Emil und die Detektive in den 20 Jahren seit Erscheinen stärker gealtert ist als das Original in 90. Wer seinen Kindern also die Geschichte näherbringen will, sollte entweder zu dieser Fassung oder - noch viel besser - zum Roman und der eigenen Erzählstimme greifen.
Details der Bluray:
Das Bild ist recht flach und gleichzeitig irgendwie zu bunt, das ist aber nicht der Blu-ray vorzuwerfen, sondern dem recht eigenwilligen Produktionsstil der frühen 2000er. Im Rahmen dessen sind Bild und Ton aber solide und frei von Störungen. An dem recht grobkörnigen Bild hat auch das digitale remastern nicht viel geändert, das tut dem Filmgenuss aber keinen Abbruch. Als Bonusmaterial gibt es nur einen Trailer.
Cover & Bilder © EuroVideo Medien GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Das Fazit von: Dan DeMento
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