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Spielspaß: Am Kampf gegen das Spießertum scheiden sich die Geister. Nochmal, wir sind keine Partyspiel-Fans, aber wir mögen schwarzen und grenzwertigen Humor. Das ist genau die Kernfrage, die sich potentielle Spieler stellen müssen. Mögt ihr schwarzen und grenzwertigen Humor? Wir hatten nämlich auch ab und an Spieler am Tisch, die einfach gar nichts damit anfangen konnten. Im schlimmsten Falle fühlt sich jemand durch irgendwelche Karten noch angegriffen. Das wären dann die Spießer, denen das Spiel den Kampf ansagt. Also bitte rauswerfen. Oder eben erst gar nicht einladen. Oder einfach etwas anderes spielen. Uns jedenfalls hat Kampf gegen das Spießertum Spaß gemacht. Es macht Spaß, die für sich genommen eher harmloseren Lückentexte mit Worten zu füllen, um komplett absurde, politisch inkorrekte, eklige oder obszöne, aber eben doch sehr witzige Konstruktionen zu erhalten. Was hat die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht? Die Sieger-Antwort: ein riesengroßer schwarzer Penis. Penisse haben eigentlich immer gewonnen. Oder was würde in diese Lücke hier passen: ich bremse auch für…? Die Sieger Antwort: Donald Trump. Aktualität ist also auch dabei. Findest Du das lustig? Kaufen! Eher nicht? Dann lass die Finger von Kampf gegen das Spießertum.
Balancing/Glücksfaktor: Wir folgen hier unserer Standard-Struktur für Fazits. Aber eigentlich sollte bereits klar geworden sein: in diesem Spiel geht es nicht wirklich ums Gewinnen. Strategie, Glück, Balancing – das ist eigentlich vollkommen irrelevant für die Spielerfahrung. Aber eine Sache ist uns dann doch aufgefallen. Natürlich gibt es manchmal gelbe Karten, für die man einfach keine guten weißen Karten auf der Hand hat. Oder man hat vermehrt „schlechte“ weiße Karten auf der Hand. Wie oben angedeutet, je harmloser der Text auf der weißen Karte, desto besser muss der Kontext zur gelben Karte passen, um witzig zu sein. „Penis“ auf einer weißen Karte kann man dagegen eigentlich immer reinwerfen. Da hat man immer eine gute Chance zu gewinnen. Naja, natürlich kommt es auf den Spielerkreis an. Anscheinend sind wir alle in der Pubertät hängengeblieben.
Und was die Strategie angeht: bei der Auswahl der weißen Karten sollte insbesondere berücksichtigt werden, wer die gelbe Karte vorgelesen hat. Denn dieser Spieler muss die gespielte weiße Karte in dem Kontext auch lustig finden. Man muss also den Humor des Rundenbosses berücksichtigen und sich immer überlegen: findet die Person das auch so lustig wie ich? Oder geht die andere Karte vielleicht doch besser? Und generell sollte man sich überlegen, wann welche Karten gespielt werden, denn einige Karten sind nur in bestimmtem Kontext sehr witzig. Diese sollte man sich aufsparen, für den richtigen Zeitpunkt. Andere Karten sind in fast jedem Kontext witzig, Backup Karten, die immer gehen. Und ab und zu, wenn man sowieso nichts Passendes hat, sollte man auch mal bewusst die „schlechten“ Karten spielen, einfach, um mal an neue Karten zu kommen, ohne gute Karten zu verpulvern. Ja, auch in Kampf gegen das Spießertum kann man auf Sieg spielen!
Komplexität/Regeln: Kampf gegen das Spießertum ist ein Partyspiel. Mehr muss man nicht dazu sagen. Der Standard-Edition liegt nicht einmal eine Regel bei, denn sie passt auf die Rückseite der Spieleschachtel. Aber auch, wenn die Regeln jedes Kleinkind schnell draufhaben wird, es sollte nicht mit Kindern gespielt werden. Auf der Schachtel steht ab 18, natürlich ist dies keine gesetzliche Vorgabe. Aber die Begriffe und gebauten Satzkonstruktionen sind einfach nicht jugendfrei. Wer mit Kindern spielen möchte, der kann zur Familien-Edition greifen, welche Kinder-gerechten Humor bietet. Allerdings werden dann die Erwachsenen weniger Spaß haben…
Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Zur Spielerzahl haben wir eine ganz klare Meinung. Je mehr, desto besser. Und am besten ein guter Mix aus Menschen, mit unterschiedlichem Hintergrund, und unterschiedlichem Humor. Denn es ist nichts lustiger, wenn jemand etwas gar nicht lustig findet, andere aber eben schon; oder umgekehrt. Natürlich sollte man sicherstellen, dass alle mit dem derben Humor im Allgemeinen etwas anfangen können, denn sonst wird man keine Freude haben.
Die Spielerinteraktion liegt wie für ein Partyspiel anzunehmen auf höchstem Niveau. Nach dem Vorlesen einer Antwort, am besten immer vollständig mit dem Lückentext zusammen, wird die Gruppe gemeinschaftlich lachen, schmunzeln oder den Kopf schütteln, je nachdem. Und sich einzelne evtl. auch darüber aufregen, warum andere etwas witzig oder eben nicht witzig finden. Das macht das Spiel aus.
Das schöne an Kampf gegen das Spießertum ist auch, dass man den Humor und Charakter der Mitspieler besser kennenlernt. Wo sind ihre Grenzen? Was finden sie lustig und was nicht mehr, weil es drüber ist. Natürlich sollte man Kampf gegen das Spießertum nicht rausholen, wenn man sich das erste Mal trifft. Es ist kein Kennenlernspiel. Aber es ist durchaus interessant, um eine Person, die man kennt, danach etwas besser lesen zu können. Was sind kritische Themen? Politik? Sexualität? Gewalt? Assoziationen mit der eigenen Person? Das hat uns irgendwie gefallen und bringt einen Aspekt an den Tisch, der durchaus ernst ist und im starken Kontrast zu dem eigentlichen, derben Humor in Kampf gegen das Spießertum steht.
Spieldauer: Die Spieldauer wird von den Spielern selbst festgelegt. Möchte man kompetitiv, also „ernst“ spielen, legt man zu Spielbeginn eine Anzahl an gelben Karten fest, die man erhalten muss, um die Partie für sich zu entscheiden. Oder man zählt die gelben Karten aller Spieler nach Ablauf einer zuvor ausgemachten Zeit. Ansonsten spielt man einfach, bis man keine Lust mehr hat. Das kann je nach Spielgruppe auch einen Abend füllen.
Wiederspielbarkeit: Haben wir die Trinkspiel Variante erwähnt? Hier muss der Spieler, der die schlechteste weiße Karte gespielt hat, trinken. Oder die Zusatzregel, die es erlaubt die eigene Kartenhand mit einem Mitspieler zu tauschen, statt eine Karte zu spielen? Das kann mal sehr hilfreich sein, wenn man nur Müll auf der Hand hat. Und mal ehrlich, schaut man sich so um, was es alles für Kampf gegen das Spießertum gibt, muss man davon ausgehen, dass das Spiel richtig gut läuft. Wir haben die Standard-Edition mit 600 Karten, davon 150 gelbe und 450 weiße; sowie die Travel Edition, die mit 400 neuen Karten – 100 gelbe und 300 weiße – daherkommt, und frei mit denen des Grundspiels kombiniert werden können. Zusammen macht das also 1,000 Karten. Und dann gibt es noch insgesamt fünf thematische Erweiterungen mit jeweils 100 Karten, 30 gelbe und 70 weiße: die Shot-, Aluhut-, Fan-, Tabubruch- und Fußball-Erweiterung. Hier haben wir uns die Fan-Erweiterung gegönnt, mit Karten, die von Spielern entwickelt wurden.
Zugegeben, man kommt auch schnell durch die Karten durch. Und der Witz einer bestimmten Karte ist eben bei erstmaliger Verwendung einfach am besten. Aber dennoch sind wirklich viele Stunden abwechslungsreicher Spielspaß garantiert. Und zuletzt wäre da noch die Big Box zu erwähnen, in der alle Karten aufbewahrt werden können und die selbst eine Mini-Erweiterung und laut Verlag „vielleicht“ eine Überraschung bereithält, die irgendwie unsere Neugier geweckt hat. Wir vermuten das wird daher die nächste Anschaffung.
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