El Tigre - Heißes Blut

El Tigre - Heißes Blut

Originaltitel: Sangre en la boca
Genre: Erotik-Drama
Regie: Hernán Belón
Hauptdarsteller: Leonardo Sbaragila
Laufzeit: DVD (94 Min) • BD (97 Min)
Label: Busch Media Group
FSK 16

El Tigre - Heißes Blut   23.06.2023 von Dan DeMento

Was wäre, wenn Clint Eastwood in Million Dollar Baby mehr an Hilary Swanks Schlüpfer interessiert gewesen wäre, als an ihrer Karriere? Diese Frage scheinen sich die Macher des argentinischen Dramas El Tigre - Heißes Blut gestellt zu haben. Ob der Streifen trotzdem sehenswert ist? Wir sagen es euch!
 
Inhalt:

Mit einem fulminanten letzten Sieg und dem Meistertitel verabschiedet sich Boxer Ramón alias El Tigre (Leonardo Sbaraglia) aus dem Ring. Doch schon kurz darauf kommt der Alltag und mit ihm die Ernüchterung. Der Plan, mit dem eigenen Namen gewinnbringend Sportartikel zu vermarkten, geht nicht auf, und auch der Beziehung zu Ehefrau Carina (Erica Banchi) tut die viele gemeinsame Zeit nicht gerade gut. Da trifft Ramón in der Boxhalle auf die junge Débora (Eva De Dominici) und die beiden beginnen eine selbstzerstörerische Affäre. Mit dem Wiedererwachen seiner Lenden kehrt auch Ramóns Kampfgeist zurück, und plötzlich fragt er sich, ab El Tigre seine Karriere vielleicht zu früh an den Nagel gehängt hat?
 
Erinnert sich noch jemand an die großartige Showtime-Serie Californication und das in ihr vorkommende (fiktive) Buch "Fucking and Punching"? Auch das wäre ein äußerst passender Titel für El Tigre - Heißes Blut gewesen, denn um viel mehr geht es in dem Film auch nicht. Würde es sich um einen dieser klassischen Softsex-Streifen handeln, würde man auch nicht viel mehr erwarten, in diesem Fall ist es aber sehr schade, da man doch den Eindruck hat, dass die Macher mit dem Stoff eigentlich mehr vorhatten.
 
Denn der Plot ist zwar nicht neu, aber zeitlos. Der alternde Sportler, der einfach nicht aufhören kann und sein Erbe durch diesen letzten großen Kampf riskiert, das hat man schon wirklich oft gesehen, und denkt man dabei an Filme wie The Wrestler oder den eingangs erwähnten Million Dollar Baby, dann findet man darunter echte Meisterwerke. In diese Reihe darf sich El Tigre - Heißes Blut leider nicht einreihen, und das liegt hauptsächlich an seiner Erzählweise. Denn mit nur 94 Minuten Handlung prescht der Film ziemlich voran, und in den verbleibenden Filmminuten wurde der Fokus komplett falsch gesetzt. Denn während Aspekte wie der emotionale Zusammenbruch des alternden Boxers, die entstehende Liebe - denn als solche wird sie ja explizit bezeichnet - zwischen Ramón und Débora und sogar die Trennung von seiner Frau in wenigen Sekunden abgefrühstückt werden, serviert der Streifen uns stattdessen minutenlange, exzessive und - für Mainstream-Verhältnisse - ziemlich deftige Sexszenen. Hätte man stattdessen an diesem Ende etwas gespart und stattdessen ein wenig Zeit in die Persönlichkeitsbildung investiert, dann wäre El Tigre - Heißes Blut zwar immer noch kein Meisterwerk, aber zumindest nachvollziehbar.
 
Denn genau das ist er in dieser Fassung nicht. Der Film ist eine einzige Bild gewordene Midlife-Crisis und Hauptfigur El Tigre verhält sich den gesamten Film über wie sexistisches Macho-Arschloch. Da dieses Verhalten aber niemals reflektiert oder als schlecht dargestellt wird entsteht der Eindruck, dass zumindest die Filmemacher der Meinung sind, dass sein Verhalten nachahmungswürdig ist. Szenen wie eine Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt mit unangeschnallten Kindern auf dem Beifahrersitz oder der schlichten Tatsache, dass er bei erster sich bietender Gelegenheit seine Frau samt Kindern für eine - wie angedeutet wird - Minderjährige sitzen lässt, könnten nachvollziehbar werden, dürften wir einen Blick hinter die Maske von El Tigre werfen und ihn und seine Beweggründe verstehen. Da wir das aber nicht dürfen, bleibt nur ein unsympathischer Prolet und eine maskuline, in Strecken fast frauenfeindliche Inszenierung. Dass Eva De Dominici, die in der sehr unterschätzten Serie The Cleaning Lady längt beweisen konnte, dass sie deutlich mehr kann, gefühlte 95% ihrer Screentime nackt verbringt, dürfte das männliche Publikum zwar kaum stören, spricht aber auch nicht gerade von einer emanzipierten Inszenierung.
 
Liegt El Tigre nicht in der Kiste, steht er im Ring, und so authentisch seine horizontalen Auftritte sind, so wenig überzeugend sind es die sportlichen. Dass die wenigsten Darsteller selbst boxen und dieses Problem mit sehr nahen Einstellungen und schnellen Schnitten gelöst wird, ist soweit nicht ungewöhnlich. Doch hier ist es selbst für Laien ersichtlich, dass zweierlei Personen im Ring stehen, und das obwohl sowohl Leonardo Sbaraglia als auch Eva De Dominici sich in der Vorbereitung einen durchaus überzeugenden Körperbau zugelegt haben.
 
So bleibt am Schluss leider nur ein Film, der gerne ein tiefsinniges Drama sein möchte, aber eher wie einer dieser Filme wirkt, die nachts im Privatfernsehen laufen und in denen die fadenscheine Handlung nur dazu dient, sich von Bettszene zu Bettszene zu hangeln. Schade, aus der Geschichte hätte man mehr machen können.
 

Bildergalerie von El Tigre - Heißes Blut (5 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Bild und Ton geben für die Größe der Produktion keinen Anlass zur Kritik und sogar die deutsche Synchronfassung ist handwerklich recht ordentlich geraten. Wer also des Spanischen nicht mächtig ist und keine Lust hat, Untertitel zu lesen, der kann sorglos auf deutsch gucken. Das Bonusmaterial bietet neben einigen Trailern sogar ein kurzes Making Of.


Cover & Bilder © Busch Media Group GmbH


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Wie ich so oft an dieser Stelle schreiben muss: Schade! Legt man einen Film namens El Tigre - Heißes Blut in den Player, rechnet man nicht zwingend mit tiefgründiger Handlung, sondern mit Boxen und nackter Haut. Beides bekommt man geboten, von daher ist der Film für die Zielgruppe wohl ideal. Behält man aber ein wenig Blut in der oberen Körpergegend, so fällt einem auf, dass hier mehr gewollt wurde. Spätestens das auf der Scheibe enthaltene Making Of bestätigt in den Interviews mit den Darstellern diesen Eindruck. Ob dieses "mehr" nie gedreht wurde, oder später der Schere zum Opfer fiel, lässt sich natürlich nicht sagen, Fakt ist aber: Gäbe es diese Szenen, El Tigre - Heißes Blut hätte ein relativ guter Film werden können. So reicht es leider nur zum Mittelmaß.


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