Faraway

Faraway

Genre: Kartenspiel • Offenes Drafting • Set Collection
Autor: Johannes Goupy, Corentin Lebrat
Illustrator: Maxime Morin
Spieleverlag: Catch Up Games, Kosmos
Empfohlenes Alter: 10+ Jahre
Spieldauer: 25 Minuten

Faraway   21.10.2024 von 2-PL4Y3R5

Alula ist ein Kontinent, in dem das Gleichgewicht der Natur die Landschaften immer wieder neu formt. Um das Land zu verstehen, musst Du Faraway immer und immer wieder spielen. So ähnlich steht es in dem Flavor Text der Spielanleitung. Wir haben es nach zwei Partien eigentlich schon ganz gut verstanden, glauben wir zumindest. Faraway macht insbesondere Werbung mit seinem innovativem Wertungsmechanismus. Ob dieser uns überzeugt hat, verraten wir euch in dieser Rezension.

 

Das Material und die Vorbereitung

 

Faraway benötigt nur zwei Kartendecks; das war‘s an Spielmaterial. Dann haben sich die Publisher sicher gedacht: kann man dafür 20 EUR verlangen? Lass uns noch einen Wertungsblock dazu packen. Und Moment, die Karten zeigen doch im Hintergrund bunte Landschaften. Ein kleiner Reiseführer mit etwas Hintergrundgeschichte zum Kontinent Alula wäre doch auch nett! Der Wertungsblock ist immerhin noch richtig sinnvoll – bei vielen anderen Spielen vermissen wir ihn. Thematisch ist Faraway aber auch durch den Reiseführer nicht geworden. Ansonsten braucht es halt nicht mehr als die zwei Kartendecks. Denn Faraway ist ein kurzweiliges Kartenspiel, das auch in 30 Sekunden aufgebaut ist.

 

Zuerst werden die Heiligtum-Karten gemischt und als verdeckter Nachziehstapel bereitgelegt. Dann sind da noch die Regionen-Karten. Ebenfalls mischen und bereitlegen! Hiervon bekommt jeder Spieler drei Karten auf die Hand und zusätzlich kommen so viele Karten in eine offene Auslage, wie Mitspieler an der Partie teilnehmen, plus 1. Im 2-Spieler Spiel also drei Karten. Nun kann es schon losgehen.

 

Das Spielziel

 

In Faraway geht’s schlussendlich um Siegpunkte. Dabei ist während des Spiels zu keinem Zeitpunkt bekannt wer wie viele Siegpunkte hat, es sei denn man möchte zwischendurch viel herumrechnen. Die Wertung findet mit Hilfe des Wertungsblocks am Spielende statt. Dann wird jede ausgespielte Karte einzeln abgehandelt und geschaut wie viele Punkte sie einbringt, und zwar im Zusammenspiel mit anderen Karten, die man ausgespielt hat. Set Collection ist hier wichtig. Die Wertung selbst hat einen wichtigen Kniff, aber schauen wir uns zunächst den Spielablauf an.

 

Der Spielablauf

 

Faraway wird über insgesamt acht Runden gespielt. Jede Runde wird in drei Schritten abgehandelt: eine Region erkunden, Heiligtümer finden und das Beenden der Erkundung.

 

In Schritt 1 „eine Region erkunden“ spielen alle gleichzeitig eine der drei Handkarten verdeckt vor sich aus und drehen sie dann gleichzeitig um. Im Spielverlauf baut ihr so eine Reihe aus Regionen-Karten und kartographiert so den Kontinent Alula, wenn ihr so wollt. Wichtig: neue Regionen-Karten werden immer ans rechte Ende der persönlichen Regionen-Kartenauslage gelegt.

Was gibt es auf den Regionen-Karten zu sehen? Rechts unten zeigen die meisten Karten Siegpunkte, entweder einfach so, oder mit bestimmten Symbolen davor. Das bedeutet dann, dass man die angegebene Menge Siegpunkte so oft bekommt wie das dargestellte Symbol auf Heiligtum-Karten und auf anderen Regionen-Karten vorkommt, die ihr danach spielen werdet (niemals, die ihr davor bereits gespielt habt). Genau das ist der Wertungs-Kniff in Faraway. Oberhalb der Siegpunkte-Zahl können mehrere kleine Symbole abgebildet sein (blauer Stein, rote Schimäre, grüne Distel). Nur, wenn man Karten mit diesen Symbolen hat, in der entsprechenden Anzahl, darf man die Karte überhaupt am Spielende werten. Und auch hier zählen nur Regionen, die danach gespielt werden. Zuletzt können Regionen genau diese drei verschiedenen Symbole rechts oben zeigen; sie kommen in vier verschiedenen Farben; und es gibt Nacht- sowie Tag-Karten, die durch Mond- und Sonnen-Symbol neben der Zahl oben links zu unterscheiden sind. Für das Sammeln all dieser Merkmale können Karten Siegpunkte geben.

Alle Regionen-Karten zeigen eine Zahl zwischen 1 und 68 in der oberen linken Ecke. Außerdem zeigen einige Karten noch ein Landkarten-Symbol oben, rechts neben der Zahl jeder Karte. Die Zahlen und das Landkarten-Symbol sind wichtig, um in den folgenden zwei Schritten einer Runde mehr Möglichkeiten herauszuarbeiten. Gleich dazu mehr.

 

In Schritt 2 „Heiligtümer finden“ wird die Zahl der beiden Regionen Karten betrachtet, die gerade und in der vorherigen Runde gespielt wurden. Schritt 2 fällt in der ersten Runde komplett weg, weil nur eine Karte ausliegt. Ab Runde 2 wird geprüft, ob die Zahlen der beiden Karten eine aufsteigende Reihenfolge haben, also die erste Karte eine kleinere Zahl hat als die darauffolgende. Nur dann darf man eine Karte vom Heiligtum-Kartenstapel ziehen. Und sogar eine mehr je Landkarten-Symbol, das man auf Karten seiner Auslage hat. So klingt das Landkarten-Symbol sehr mächtig, aber seit vorgewarnt: das erhöht nur eure Auswahl, denn später müsst ihr euch für eine entscheiden und den Rest abwerfen. Ihr könnt also maximal 7 Heiligtümer pro Spiel bekommen, wenn ihr niemals eine Region mit einer kleineren Zahl als zuvor ausspielt.

Was zeichnet nun die Heiligtum-Karten aus? Im Grunde machen sie genau dasselbe wie Regionen-Karten, sind aber meist schwächer. Nur wenige geben Punkte, die meisten sind grau, also keiner der vier Farben zugeordnet. Aber man findet häufig Symbole, die man benötigt, um manche Regionen-Karten überhaupt erst werten zu dürfen, oder eben mit den Siegpunkte-Bedingungen von Regionen-Karten Punkte geben. Der Clou an den Heiligtum-Karten ist, dass die Symbole darauf immer und für alle ausgespielten Regionen-Karten zählen, während das bei Regionen-Karten nicht der Fall ist; wir erinnern uns: der Wertungskniff.

 

Der letzte Schritt in jeder Runde, Schritt 3 „Erkundung beenden“, wird nacheinander abgehandelt. Zur Ermittlung der Zugreihenfolge spielen wieder die Zahlen der in Schritt 1 gespielten Regionen-Karte eine Rolle. Nun wird die Zahl mit den Zahlen der Regionen-Karten aller anderen Mitspieler verglichen. Wer die kleinste Zahl gespielt hat, ist zuerst am Zug, dann geht es mit aufsteigender Reihenfolge weiter. Ihr seht also, wer immer in aufsteigender Reihenfolge spielt, weil er in Schritt 2 an Heiligtum Karten kommen möchte, zieht früher oder später in Schritt 3 den Kürzeren. Hier gilt es also abzuwägen. Ist man am Zug, darf man sich eine der Regionen-Karte aus der offenen Auslage aussuchen und nimmt sie auf die Hand. Die Auslage wird nicht aufgefüllt, wer später wählt hat weniger Auswahl. Danach spielt man, ebenfalls in Schritt 3, eine seiner in dieser Runde erhaltenen Heiligtum-Karten, falls vorhanden, und wirft alle anderen Heiligtum-Karten ab.

 

Am Rundenende wird die übrige Regionen-Karte der Auslage abgeworfen. Nach der achten Runde endet das Spiel an dieser Stelle und es kommt zur Wertung. Ansonsten wird eine neue Kartenauslage gebildet; die nächste Runde startet mit Schritt 1. Die Wertung ist das spannende an Faraway, denn so richtig im Blick zu behalten wie viele Punkte man während des Spielverlaufs generiert, ist schwierig. Um die Wertung zu verdeutlichen, drehen wir gedanklich alle Regionen-Karten auf die Rückseite. Die Heiligtum-Karten bleiben offen liegen. Dann wird die Regionen-Karte ganz rechts in der Kartenreihe aufgedeckt und gewertet. Die zuletzt gespielte Karte also zuerst. Braucht diese Karte bestimmte Symbole, um Siegpunkte zu bekommen, so können nur die Symbole der Karte selbst sowie aller Heiligtum-Karten verwendet werden. Notiert die Punkte auf den Wertungsblock bei „Karte 1“; deckt danach die zweite Karte, links daneben auf und wertet sie. Hier zählen nun auch die Symbole der bereits aufgedeckten Regionen-Karte rechts daneben. Fahrt fort, bis alle Regionen-Karten gewertet wurden und wertet zuletzt auch die Heiligtum-Karten selbst, falls es hier auch Siegpunkte geben sollte. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen.

 

 

Bildergalerie von Faraway (6 Bilder)

Spielmaterial

 

  • 68 Regionen-Karten
  • 45 Heiligtum-Karten
  • 1 Wertungsblock
  • 1 kleiner Alula-Reiseführer
  • 1 Spielanleitung


Cover & Bilder © Cover: Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG / Bilder im Artikel und Teaserbild: www.sofahelden.de


Das Fazit von: 2-PL4Y3R5

2-PL4Y3R5

Spielspaß: Faraway ist in den ersten Partien interessant gewesen. Da war man gespannt wie das mit dem groß beworbenen „besonderen Wertungs-Kniff“ funktioniert. Ob man das gut hinbekommen hat, merkt man ja auch immer erst am Ende einer Partie. Und das Artwork ist auch ganz nett, weshalb viel Content online das Artwork der Karten in den Vordergrund rückt. Nach einigen Partien kam Spielspaß eigentlich nur dann auf, wenn man mal Glück mit den Karten hatte. Große strategische Manöver, überraschende Wendungen oder Action-Momente gibt es nicht. Und nach zwei Partien hat man auch schon alles gesehen. Wir würden Faraway jederzeit wieder spielen, einfach mal zwischendurch, und vielleicht auch, um anderen den Wertungs-Mechanismus zu zeigen, denn deshalb sind so viele andere Spieler von Faraway begeistert. Aber ganz neu und innovativ hat dieser sich auch nicht angefühlt. Karten in persönlichen Auslagen, die in festgelegter Reihenfolge triggern, gab es ein paar Mal, wenn auch vielleicht nicht in exakt dieser Form. Da fällt uns z.B. die Produktionskette im fortgeschrittenen Modus von Furnace ein.

 

Balancing/Glücksfaktor: In Faraway gibt es ein paar strategische Elemente. Erstens muss man immer abwägen, ob Karten für die Symbole oder Wertungen gespielt werden, oder für die Zahlen. Beides gleichzeitig passt selten. So häufig wie möglich möchte man Zahlen in aufsteigender Reihenfolge spielen, um an Heiligtümer und dadurch auch an mehr Symbole zu kommen, die sogar für die zuletzt gespielte Regionen-Karte gelten. Manchmal möchte man eine sehr niedrige Karte spielen, um zuerst eine der Karten aus der Auslage wählen zu dürfen, wenn man eine bestimmte Karte unbedingt haben will. Das zweite strategische Element in Faraway dreht sich um das Risikomanagement. Geht man ein, als vierte Region eine Karte zu spielen, die einem viele Siegpunkte bescheren kann, aber vier Symbole benötigt, die man noch nicht hat? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Und zuletzt ist es immer eine sinnvolle Taktik zu Spielbeginn Karten mit Hinweis-Symbolen zu spielen, um im späteren Spielverlauf die Wahl aus mehreren Heiligtümern zu haben. Aber ist das wichtiger als eine andere Karte, die sich richtig gut für den Start eignet? Diesen strategischen Überlegungen steht das Kartenglück gegenüber. Letztlich ist man dazu gezwungen 8 von 10 Regionen-Karten, die man während des Spiels auf der Hand hat, auch zu spielen. In jeder Runde spielt man eine Karte und bekommt eine Karte. Und wenn man als letztes aus der Auslage wählen darf, kann man sich fast sicher sein, dass die Karte nicht wirklich zu gebrauchen ist. Es sei denn man hat Glück. Viel Glück. Ich fand das nicht sehr schlimm, meine Frau sah das anders. Eine Variante schlägt zumindest vor zu Spielbeginn 5 Karten zu ziehen, von denen man sich 3 aussucht; das fördert die Planbarkeit etwas.

 

Komplexität/Regeln: Faraway ist ein Familienspiel. Besonders Wenigspieler werden vielleicht ein Testspiel brauchen, um abschätzen zu können, wie die Wertung am Spielende funktioniert. In den ersten Partien wird man dann aber schnell ein Gefühl dafür bekommen und weiß welche Ziele man erreichen kann und welche wirklich schwieriger sind. Dabei sollte man auch beachten, dass Symbole nicht gleich häufig im Kartendeck vorkommen. Ansonsten sind die Regeln von Faraway wirklich einfach und in zwei Minuten erklärt. Nach unserem Geschmack war das Regelheft etwas unstrukturiert, dafür, dass es eigentlich so einfach ist. Zu viele Kästchen und nicht zusammenhängender Text. Aber das ist kein Hindernis, es sind nur 12 Seiten im ~ DIN A6 Format. Der Spielablauf passt auf nur 3 Seiten. 

 

Spielerinteraktion/Spieleranzahl: Unsere ersten Partien haben wir zu zweit gespielt. Das hat gut funktioniert. Faraway lässt sich mit bis zu sechs Spieler spielen. Mit größerer Spieleranzahl wird es relevanter niedrige Zahlen zu spielen, um als erster eine Karte aus der Auslage zu erhalten. Denn die Auslage ist viel größer und bei hohen Zahlen könnten viele Spieler vor einem auswählen, sodass man keine sinnvolle Karte mehr erhält. Ansonsten ist Faraway sehr solitär. Bis auf die Konkurrenz darum, wer zuerst eine Karte aussuchen darf, gibt es keinerlei direkte oder indirekte Interaktion. Das fanden wir für ein kurzweiliges Kartenspiel zumindest untypisch.

 

Spieldauer: Zu zweit haben wir etwa 15 Minuten pro Partie gespielt. Zu sechst wird das sicherlich anders aussehen, auch wenn viel parallel gespielt wird. So richtig motiviert, Faraway bei hohen Spielerzahlen zu testen sind wir ehrlich gesagt nicht. Das Warten auf den langsamsten Spieler am Tisch ist in Faraway sicher nicht angenehm, denn es gibt wirklich nichts, das man währenddessen tun könnte. In anderen Spielen könnte man über den nächsten Spielzug nachdenken oder die aktuelle Spielsituation studieren. Aber in der Regel weiß man, welche zwei Karten man noch auf der Hand hat.

 

Wiederspielbarkeit: In Faraway gibt es leider nicht sehr viel zu entdecken, obwohl das Setting eine epische Reise durch einen geheimnisvollen Kontinent verspricht. Klar, bei der Schachtelgröße erwartet man kein episches Abenteuer; und uns war bewusst, dass es sich um ein kurzweiliges Kartenspiel handelt. Aber jede Karte fühlt sich gleich an, schon in der zweiten Partie. Am Ende ist es nur Set Collection. Ok, der Wertungskniff. Aber irgendwann kennt man den ja. Wer gerne knobelt und das Artwork knuffig findet, der mag vielleicht nicht schon nach ein paar Partien gelangweilt sein. Wir waren es etwas. Motivation für mehrere Runden hintereinander, nach den ersten Testpartien, fanden wir nicht. Als Spiel für Zwischendurch taugt Faraway aber allemal.


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