Midsommar - Director´s Cut

Midsommar - Director´s Cut

Originaltitel: Midsommar
Genre: Horror • Mystery • Drama
Regie: Ari Aster
Hauptdarsteller: Florence Pugh • Jack Reynor
Laufzeit: BD (171 Min)
Label: Leonine / Weltkino
FSK 16

Midsommar - Director´s Cut   23.11.2020 von MarS

Nachdem der Director´s Cut zu Ari Asters Horrordrama Midsommar bei der Erstveröffentlichung im Februar 2020 nur im limitierten Mediabook zu finden war, legt Weltkino nun noch einmal eine Special Edition als Amaray mit O-Card nach. Wir haben ein weiteres Mal die Reise nach Schweden gewagt...

 

Inhalt

 

Nach dem Tod ihrer Familie ist Dani (Florence Pugh) am Boden zerstört, und auch ihre Beziehung zu ihrem Freund Christian (Jack Reynor) leidet schon seit längerem unter Danis Problemen. Als Christian von seinem Studienfreund Pelle (Vilhelm Blomgren) dazu eingeladen wird, mit ihm und ihrer gemeinsamen Clique das Mitsommerfest in seiner schwedischen Heimat zu besuchen, erhofft sich auch Dani eine Ablenkung und reist kurzerhand mit der Gruppe nach Europa. Zunächst macht Pelles abgeschiedene Gemeinde tatsächlich einen friedlichen, äußerst idyllischen Eindruck, und Dani ist vom ersten Moment an absolut fasziniert. Als jedoch die Festlichkeiten zur Sommersonnenwende ihren Lauf nehmen, müssen Dani und ihre Freunde feststellen, dass die heidnischen Rituale in der Kommune ein ungeahntes Ausmaß annehmen...

 

Wie sehr Midsommar die Filmfans spaltet, mussten wir sogar innerhalb unserer Redaktion feststellen. Nachdem der Eindruck der Redakteure massiv voneinander abweicht, haben wir uns dazu entschieden, dem Film noch einmal eine komplette Kritik zu spendieren. Die entsprechende "Gegenkritik" zur Erstauflage der Kinofassung findet Ihr hier: Midsommar.

 

Eigentlich hätte es jedem bereits im Vorfeld klar sein müssen: Wenn Ari Aster einen Film abliefert, dann wird das weder leichte Kost noch ein Werk für die breite Masse. Im Gegensatz zu seinem Erstling Hereditary - Das Vermächtnis, der zumindest noch in Teilen bekannte Horrormuster nutzte und ein äußerst überraschendes - wenn auch zugegeben sehr gewöhnungsbedürftiges - Finale lieferte, entfernt sich Aster mit Midsommar noch einen riesigen Schritt weiter von allem, was man als Zuschauer vom Genre erwarten würde. Abgesehen von der einleitenden Sequenz des Films, die direkt einen unbequemen, bitteren Einstieg präsentiert, verzichtet die Inszenierung gänzlich auf düstere Szenen und Dunkelheit, während der Verlauf der Handlung eigentlich schon zum Zeitpunkt der Ankunft in Schweden völlig klar ist. Die grundlegende Optik ist durchwegs hell, freundlich und absolut idyllisch, ebenso strahlt der Großteil der beteiligten Figuren eine kaum greifbare Harmonie aus - ganz im Gegensatz zu den eigentlichen Hauptfiguren, die durch ihre Eigenarten und Probleme die eigentlichen Fremdkörper in der Geschichte darstellen. Und dennoch gelingt es Ari Aster erneut, auch diesem Szenario eine unheimliche, bedrückende Atmosphäre zu entlocken, die sich durch die komplette Inszenierung zieht und wie ein Damoklesschwert über den Akteuren hängt. Sofort ist dem Zuschauer klar, dass die Reise für die Gruppe kein gutes Ende nehmen wird, und doch schafft es Midsommar dank dem auch dieses Mal perfekt aufeinander abgestimmten visuellen und akustischen Design, ein absolut intensives Erlebnis zu erschaffen. Ein Erlebnis, das trotz der umfassenden Laufzeit und einer hohen Anzahl von ruhigen, dialogarmen Szenen sowie ausgedehnten Kamerafahrten keine Längen entwickelt, sondern sich deutlich kürzer anfühlt. Zu verdanken ist das aber natürlich auch Hauptdarstellerin Florence Pugh, die sich hier im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib spielt und als zentrale Leitfigur die gesamte Handlung zusammenhält.

 

Dabei schwebt durchwegs ein hohes Maß an Metaphorik und Symbolik mit, wodurch selbst kleinste Details in den Hintergründen bei genauerer Betrachtung beinahe immer einen direkten Bezug zum späteren Verlauf der Geschichte haben. Wenn es dann nach einer guten Stunde zum ersten bizarren Ritual der Gemeinde kommt, dann ist dies nur der erste massive Schlag in die Magengrube des Zuschauers, dem noch einige weitere folgen sollen. Allerdings wurden diese Spitzen der Eskalation ganz bewusst und gezielt platziert, wodurch diese niemals einen rein plakativen Charakter entwickeln, sondern sich absolut stimmig in die Erzählung einfügen. Ohnehin ist Midsommar weniger ein echter Horrorfilm, denn vielmehr ein Drama, das sich überwiegend auf psychologischer Ebene bewegt und wirklich nur dann funktioniert, wenn man sich voll und ganz auf das gebotene Szenario einlassen kann - eine Voraussetzung also, die der breiten Masse wohl auch dieses Mal verwehrt bleiben wird, den Rest allerdings mit einem weiteren großartigen Werk des eigenwilligen Filmemachers Aster belohnt.

 

Details zum Director´s Cut

 

Der Director´s Cut liegt auch in der vorliegenden Neuauflage nur in der originalen Sprachfassung mit deutschen Untertiteln vor und wurde somit nicht komplett synchronisiert. Die Langfassung umfasst etwa 23 Minuten an zusätzlichem Material, wobei sich dieses in weiten Teilen auf erweiterte Charakterisierungen beschränkt und im Bereich von Gewalt oder Nacktheit eigentlich keinen nennenswerten Mehrwert bietet. Wirklich interessant wird es allerdings im Bereich der Rituale, denn diese beinhalten die längsten zusätzlichen Szenen. Hier wurde das Geschehen um zwei weitere ihrer Art erweitert. Während das erste - nach etwa einer dreiviertel Stunde - dabei weitere Einblicke in die Bräuche und die Spiritualität der Kommune liefert, bietet das zweite Ritual nach knapp 90 Minuten einen weiteren, äußerst schockierenden Moment, der sich mit der Balance zwischen Leben und Tod innerhalb der Gemeinschaft beschäftigt. Der Director´s Cut ist jedoch nur denen zu empfehlen, die bereits von der Kinofassung fasziniert waren, denn diese können ihr Filmerlebnis dadurch noch weiter intensivieren. Als Einstieg ist die längere Filmfassung jedenfalls nicht geeignet, denn selbst Aster hält die Kinofassung für wesentlich zugänglicher und die Langfassung nicht zwingend für die bessere Version. Letztendlich ist der Director´s Cut vor allem für diejenigen gedacht, die noch tiefer in die Welt von Midsommar abtauchen und etwas mehr über die heidnischen Rituale der im Film dargestellten Kommune erfahren wollen, denn die übrigen Erweiterungen fallen allesamt in einem überschaubaren, eigentlich zu vernachlässigbaren Rahmen aus.

 

Bildergalerie von Midsommar - Director´s Cut (5 Bilder)

Details der Blu-ray

 

Die Blu-ray liefert ein sehr scharfes Bild mit gutem Detailgrad und sehr schöner Tiefenwirkung. Das grundsätzlich kräftige Kontrastverhältnis und die überwiegend natürliche Farbgestaltung werden aus stilistischen Gründen im Verlauf absichtlich verändert, um die jeweilige Atmosphäre zu unterstreichen. So sorgen beispielsweise künstlich übersteuerte helle Farben für einen eigenwilligen, aber durchaus sehr ansprechenden Look, ebenso wie der an mancher Stelle zurückgenommene Kontrast. Die Tonspur ist perfekt auf das Sounddesign des Films abgestimmt und erweist sich als äußerst dynamisch. Dazu wird die Wiedergabe von Dialogen und Umgebungsgeräuschen hervorragend im Raum verteilt, während die klare Kanaltrennung für eine saubere Ortbarkeit sorgt. 



Cover & Bilder © LEONINE Distribution GmbH - Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: MarS

MarS

Wenn The Wicker Man auf Ari Aster trifft, dann ist Midsommar das Ergebnis. Ein weiteres Mal beweist Aster sein Gespür für ungewöhnlich erzählte Geschichten, die sich bewusst von klassischer Massenware entfernen und sich gerade dadurch als etwas ganz Besonderes erweisen. Dass diese Werke die Filmfans spalten und bei vielen absolut keinen Anklang finden, ist dabei eigentlich nur die logische Konsequenz. Wer sich aber auf Asters Werke einlassen kann, der wird auch von Midsommar alles andere als enttäuscht werden und findet im Director´s Cut eine durchaus interessante Erweiterung. Nötig hat der Film diese Erweiterungen nicht, denn die Kinofassung wirkt letztendlich tatsächlich etwas runder, wer allerdings von der beklemmenden Atmosphäre und den heidnischen Ritualen des Films nicht genug bekommen kann, der kann sein Erlebnis mit dem Director´s Cut auf jeden Fall noch ein wenig intensivieren.


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